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Urteil Verwaltungsgericht (AG - AGVE 2003 37)

Zusammenfassung des Urteils AGVE 2003 37: Verwaltungsgericht

E.F. kaufte im September 1993 eine Liegenschaft von seinem Vater und übernahm Nutzen und Schaden rückwirkend ab Januar 1993. Nach Renovierungsarbeiten machte er Liegenschaftsunterhaltskosten geltend, die jedoch nur teilweise anerkannt wurden. Das Steuerrekursgericht entschied, dass die Kosten vor dem Eigentumsübergang nicht abzugsfähig seien. Das Verwaltungsgericht stimmte dieser Entscheidung zu, da Liegenschaftsunterhaltskosten nur ab dem Zeitpunkt des Nutzen- und Schadenübergangs steuerlich relevant sind.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts AGVE 2003 37

Kanton:AG
Fallnummer:AGVE 2003 37
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Verwaltungsgericht
Verwaltungsgericht Entscheid AGVE 2003 37 vom 05.12.2003 (AG)
Datum:05.12.2003
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:AGVE 2003 37 S.121 2003 Kantonale Steuern 121 37 Liegenschaftsertrag, Liegenschaftsunterhaltskosten. - Der Käufer einer Liegenschaft...
Schlagwörter: Liegenschaft; Liegenschaftsunterhalt; Liegenschaftsunterhaltskosten; Übergang; Schaden; Vertrag; Eigentum; Eigentums; Abzug; Gefahr; Vertragsschluss; Erwerb; Liegenschaftsertrag; Vereinbarung; Zeitpunkt; Steuerpflicht; Kaufvertrag; Steuerkommission; Grundbuch; Eigentumserwerb; Verwaltungs; Kantonale; Steuern; Steuerrekursgericht; Eigentumsübergang; Verwaltungsgericht; Einkünfte
Rechtsnorm: Art. 185 OR ;Art. 20 OR ;Art. 216 OR ;Art. 220 OR ;Art. 656 ZGB ;Art. 776 ZGB ;
Referenz BGE:95 I 32;
Kommentar:
Peter, Kommentar zum DBG, Art. 32 DBG, 2001

Entscheid des Verwaltungsgerichts AGVE 2003 37

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37 Liegenschaftsertrag, Liegenschaftsunterhaltskosten. - Der Käufer einer Liegenschaft ist ab Übergang von Nutzen und Scha- den für den Ertrag steuerpflichtig und gleichzeitig zum Abzug der Liegenschaftsunterhaltskosten berechtigt. Ein Vorverlegen des Über- gangs von Nutzen und Schaden vor den Vertragsschluss ist nichtig und steuerlich unbeachtlich.

Entscheid des Verwaltungsgerichts, 2. Kammer, vom 5. Dezember 2003 in Sachen E.F. gegen Entscheid des Steuerrekursgerichts. Zur Publikation vorge- sehen in StE 2004.
Sachverhalt
E. und B.F. bewohnen das Dreifamilienhaus seit dessen Erstel- lung anfangs der 70er Jahre. Mit öffentlich beurkundetem Kaufver- trag vom 24. September 1993 erwarb E.F. dieses von seinem Vater zum Steuerwert, wobei Nutzen und Gefahr gemäss Vertrag rück- wirkend per 1. Januar 1993 auf den Käufer übergingen. In den Be- messungsjahren 1993 und 1994 nahmen E. und B.F. grössere Bauar- beiten an der Liegenschaft vor, namentlich zur Verbesserung des Schallschutzes. Insgesamt wurden für die baulichen Massnahmen rund Fr. ... ausgegeben und als Liegenschaftsunterhaltskosten zum Abzug geltend gemacht mit der Begründung, die Massnahmen stell- ten Unterhalt dar und hätten keine Wertsteigerung der Liegenschaft bewirkt. Die Steuerkommission anerkannte die geltend gemachten Liegenschaftsunterhaltskosten nur teilweise als abzugsfähig. Das Steuerrekursgericht hob den Einspracheentscheid auf und wies das Verfahren an die Steuerkommission zurück, u.a. weil zu Unrecht Liegenschaftsunterhaltskosten vor dem Eigentumsübergang zum Abzug zugelassen worden seien. In seiner Vernehmlassung zur Beschwerde der Steuerpflichtigen beantragte das KStA die Gutheis- sung der Beschwerde mit Bezug auf die Abzugsfähigkeit von Lie- genschaftsunterhaltskosten ab Übergang von Nutzen und Schaden.
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Aus den Erwägungen
3. a) Wer für den Ertrag steuerpflichtig ist, ist auch berechtigt, die entsprechenden Gewinnungskosten zum Abzug zu bringen (Peter Locher, Kommentar zum DBG, I. Teil, Therwil/Basel 2001, Art. 32 N 2). Das Gesetz besagt, dass das gesamte Einkommen jeder Art steuerbar ist, insbesondere Einkünfte aus Liegenschaften wie Miet- und Pachtzinse (§ 22 Abs. 1 lit. e aStG) ebenso wie die Eigennutzung von Liegenschaften (§ 22 Abs. 2 aStG) und Einkünfte aus der Verlei- hung Nutzung von Rechten wie Nutzniessung (§ 22 Abs. 1 lit. e aStG; § 9 aStGV), ohne den Steuerpflichtigen ausdrücklich zu nen- nen. Steuerpflichtig für Liegenschaftsertrag ist, wem die Einkünfte die Eigennutzung zugute kommen, somit der Eigentümer (je- denfalls wenn ihm zusammen mit dem Eigentum auch die Nutzung zusteht, was in aller Regel der Fall ist), der Nutzniesser sowie der Wohnrechtsberechtigte. Wer für den Liegenschaftsertrag nicht steu- erpflichtig ist, kann keine Liegenschaftsunterhaltskosten geltend ma- chen, selbst wenn er sie selber getragen hat (Walter Koch, in: Kom- mentar zum Aargauer Steuergesetz, Muri/BE 1991, § 24 N 241; vgl. auch Merkblatt Liegenschaftsunterhalt des KStA, Stand 1. Januar 1995, S. 8). Bei der rechtsgeschäftlichen Eigentumsübertragung fallen der Übergang des Eigentums einerseits und derjenige von Nutzen und Schaden andererseits zeitlich mehr weniger auseinander. Vorbe- hältlich abweichender Vereinbarung gehen Nutzen und Gefahr mit Abschluss des Kaufvertrags auf den Erwerber über (Art. 185 OR). Das Eigentum wird demgegenüber erst mit dem entsprechenden Ein- trag im Grundbuch erworben (Art. 656 Abs. 1 ZGB). Der Eigentums- erwerb folgt deshalb dem Vertragsschluss nach, je nach dem Zeit- punkt der Grundbuchanmeldung mit kleinerer grösserer Verzögerung. Ist die zeitliche Differenz gering (im vorliegenden Fall erfolgte die Grundbuchanmeldung noch am Tag des Vertragsschlus- ses) und in einem konkreten Fall ohne Relevanz, kommt es leicht vor, dass unexakt formuliert und zwischen dem Vertragsschluss (bzw. dem Übergang von Nutzen und Gefahr) und dem Eigentumserwerb
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nicht bewusst unterschieden wird, obwohl der Vertragsschluss erst den Anspruch auf die Eigentumsübertragung begründet. b) aa) Abweichend vom Erwerbsdatum gingen gemäss Vertrag vom 24. September 1993 Nutzen und Schaden am Kaufobjekt bereits am 1. Januar 1993 auf den Beschwerdeführer E.F. über. Während die Steuerkommission auf dieses Datum abstellte, entschied das Steuer- rekursgericht auf Massgeblichkeit des Eigentumsübergangs. Vor dem Eigentumserwerb getätigte Aufwendungen qualifizierte es deshalb nicht als Liegenschaftsunterhaltskosten, sondern vollumfänglich als Anlagekosten. Es verneinte die Möglichkeit, vor dem Eigentumser- werb freiwillig den Eigenmietwert als Einkommen zu versteuern und kompensationsweise die Liegenschaftsaufwendungen zum Abzug zu bringen. Das KStA hält, in Übereinstimmung mit der Steuerkommission, für die Anknüpfung der Besteuerung des Liegenschaftsertrags und der Abzugsfähigkeit der Liegenschaftsunterhaltskosten den Zeitpunkt des Übergangs von Nutzen und Schaden für sachgerecht. Eine eigentliche gesetzliche Grundlage vermag es dazu nicht zu benennen. § 22 Abs. 2 und 24 lit. c Ziff. 3 aStG würden diese Praxis aber auch nicht ausschliessen. bb) Die Frage, wann die Steuerpflicht für den Liegenschaftser- trag beginnt endet, wird in den einkommenssteuerrechtlichen Bestimmungen sowohl des aStG als auch der aStGV offen gelassen (AGVE 1995, S. 448). Von der Lehre wird, soweit sie sich dazu überhaupt äussert, verschiedentlich der Übergang von Nutzen und Schaden als massgebend betrachtet (ASA 57/1988-89, S. 396, mit Hinweisen). In der Rechtsprechung findet sich keine klare Antwort, ob für den Beginn der Steuerpflicht auf das Datum der öffentlichen Beurkundung, den Übergang von Nutzen und Schaden den Ein- trag im Grundbuch abzustellen ist. Die Frage konnte zumeist offen gelassen werden (BGE 95 I 32). Angesichts der zahlreichen Mög- lichkeiten, die den Parteien bei der vertraglichen Ausgestaltung eines Liegenschaftskaufs offen stehen, hat es das Bundesgericht abgelehnt, den Zeitpunkt des Überganges von Nutzen und Gefahr generell als massgebend zu bezeichnen (ASA 57/1988-89, S. 396). Immerhin liegt es wirtschaftlich nahe, dass die Besteuerung des Liegenschafts-
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ertrags (und als Pendant dazu der Abzug der Liegenschaftsunterhalts- kosten) mit der privatrechtlichen Berechtigung am Nutzen (und Schaden) übereinstimmen sollen (vorne Erw. a). Das KStA macht denn auch geltend, nur das Abstellen auf den Übergang von Nutzen und Schaden vermöge den steuerlichen, wirtschaftlichen und voll- zugspraktischen Begebenheiten Rechnung zu tragen. c) Es ist zulässig, durch vertragliche Vereinbarung von der Regelung des Art. 185 OR (vorne Erw. a) abzuweichen; diese bedarf bei Liegenschaften zur Verbindlichkeit der öffentlichen Beurkundung (Art. 216 Abs. 1 OR). Möglich ist insbesondere ein Hinausschieben der Gefahrtragung vom Vertragsabschluss bis zur späteren Übergabe der Sache (Art. 220 OR; ASA 57/1988-89, S. 391 ff.; StE 1991, B 25.6 Nr. 23, mit Hinweisen). Ausgeschlossen ist dagegen der rück- wirkende Übergang von Nutzen und Gefahr, selbst wenn der Erwer- ber bereits im Besitz des Kaufgegenstands ist, weil sich die Frage der Gefahrtragung nur noch für die Zeit zwischen Vertragsschluss und Vollzug des Kaufes stellen kann. Gemäss eindeutiger bundesgericht- licher Rechtsprechung ist die rückwirkende Übertragung von Nutzen und Gefahr als Vereinbarung mit unmöglichem Inhalt zu qualifizie- ren, nichtig (Art. 20 Abs. 1 und 2 OR; ASA 57/1988-89, S. 396 f.) und daher auch für die Steuerbehörden unbeachtlich. Wenn sich die Rechtsverhältnisse zivilrechtlich nicht rückwirkend abändern lassen, ist es ebenso unzulässig, die sich daraus für die Vergangenheit erge- bende Steuerlast durch Parteivereinbarung in steuerlich verbindlicher Weise umzudeuten abzuändern (ASA 57/1988-89, S. 397; Lo- cher, a.a.O., Art. 32 N 4). Das KStA unterlässt es, zwischen dem Hinausschieben des Übergangs von Nutzen und Schaden durch vertragliche Vereinbarung und dem Vorverschieben vor den Vertragszeitpunkt genügend zu unterscheiden (im Übrigen liegt auch keinem der vom KStA benann- ten Beispiele ein Vorverschieben vor den Vertragszeitpunkt zu Grunde). Dementsprechend fehlt es an einer Begründung, warum das letztere Vorgehen steuerlich anzuerkennen sei, selbst wenn es sich zivilrechtlich als unzulässig erweist. d) Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass eine An- knüpfung an den Zeitpunkt des Übergangs von Nutzen und Schaden
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dann gesetzeskonform und sachgerecht ist, wenn dieser mit dem Datum des öffentlich beurkundeten Kaufvertrags übereinstimmt auf Grund einer gültigen Vereinbarung diesem nachfolgt. Dagegen kann die Zurechnung von Mietwert und Tragung der Liegenschafts- unterhaltskosten nicht vor den Vertragsschluss (bzw. vor den Erwerb durch Erbgang Urteil) vorverschoben werden; vorher lassen sich Nutzen und Schaden somit nur durch Eingehung eines Nutznies- sungsvertrages einer Wohnrechtsvereinbarung übertragen, wel- che der gleichen qualifizierten Form wie der Liegenschaftskauf be- dürfen (Art. 746 Abs. 2, Art. 776 Abs. 3 ZGB). Dies entspricht of- fenbar im Wesentlichen auch der Meinung der Vorinstanz, wenn- gleich diese, wohl beeinflusst durch die geringe Relevanz bei zeitli- cher Nähe von Nutzen- und Eigentumsübergang (vorne Erw. a), den Letzteren als massgeblich bezeichnet hat. e) Gestützt auf die vorstehenden Erwägungen erweist sich die Zurechnung des Eigenmietwerts und die Berücksichtigung der Lie- genschaftsunterhaltskosten vor dem Erwerb der Liegenschaft am 24. September 1993 als unzulässig. Für den Mietwert bleibt bis dahin der bisherige Eigentümer steuerpflichtig (Koch, a.a.O., § 22 N 435). Die vom Beschwerdeführer bereits vor dem Erwerb getätigten Lie- genschaftsaufwendungen, ausgenommen die Verwaltungs- und Be- triebskosten, gelten vollumfänglich als Anlagekosten (Koch, a.a.O., § 24 N 281). Grundlage der Steuerbemessung für die Veranlagung 1995/96 bilden demnach nur der nach der öffentlichen Beurkundung des Kaufvertrags gezogene Nutzen bzw. der ab diesem Zeitpunkt aufgewendete Liegenschaftsunterhalt.
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Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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